Hessischer Bildungsserver / Kompetenzorientierter Mathematikunterricht Primarbereich

Das fragend-entwickelnde Unterrichtsgespräch

Als DAS historische Beispiel für das fragend-entwickelnde Unterrichtsgespräch gilt der sokratische Dialog „Menon (LINK)", wie ihn Platon, der Schüler des Sokrates, niedergeschrieben hat. Das Gespräch zwischen Sokrates und dem Sklaven seines Bekannten Menon dreht sich um Fläche und Flächenverdopplung eines Quadrats. Es ist gekennzeichnet  durch einschränkende Fragen, suggestive Hervorhebungen etc., die dem Schüler Stück für Stück das Gewünschte aus der Nase ziehen  - diese Gesprächskunst des Sokrates wird daher auch als „Hebammenkunst" (griech.: Mäeutik) bezeichnet. Idealerweise „...versucht der Lehrer [...], einen Sach-, Sinn- oder Problemzusammenhang aus der Sicht und Fragehaltung der Schüler heraus zu entwickeln. Der Lehrer ist sozusagen ‚Katalysator‘ für die aus eigener Kraft entwickelte Denkbewegung der Schüler. Er nutzt ihre ‚natürliche‘ Neugier, ihre Vorkenntnisse und ihre Kombinationsfähigkeiten, um sie zum einsichtigen Nachvollziehen der im Gesprächsgegenstand enthaltenen Fragen und Probleme zu bewegen. Der Lehrer schmiegt sich förmlich den Denkbewegungen der Schüler an, er geht auf Missverständnisse ein, er lässt Um- und Irrwege zu, ja er schlägt selbst aus diesen Um- und Irrwegen noch Kapital für die Problemanalyse - aber er verzichtet keineswegs darauf, den Lernprozess der Schüler zu lenken." (Meyer, S. 288)

Es gibt - wie bereits im oben erwähnten Frontalunterricht - jedoch auch immer Unterrichtssituationen, in denen ein solches Lehrer-Schülergespräch eine sinnvolle, weil ökonomische und effektive, Methode darstellt. Daher kann die Lehrkraft geeigneterweise im Vorhinein überlegen:

  • Ist das Thema geeignet für ein Lehrgespräch (Können Schüler Vorkenntnisse, Einstellungen, Interessen, Meinungen einbringen)?
  • Ist den Schülern Sinn und Ziel des Gesprächs klar (Einführungsgespräch zum Einstieg in ein neues Thema, Planungsgespräch zur Weiterarbeit, Auswertungsgespräch)?
  • „Der Lehrer sollte keine Scheu haben, sein Fachwissen und seine Fachkompetenz dort einzubringen, wo die Schüler nicht weiterkommen! Zurückhaltung ist eine Tugend - aber es macht keinen Sinn, die Schüler im eigenen Saft schmoren zu lassen, wenn sowieso klar ist, dass sie eine Frage nicht mit eigenen Mitteln lösen können. Dann sollte der Lehrer durch einen kurzen Lehrervortrag oder durch Medieneinsatz (Bild, Text, Demonstration, Begriffsklärung, Wiederholung usw.) dafür sorgen, dass das Gespräch vom Fleck kommt." (Meyer, S. 290/ 291)

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