Hessischer Bildungsserver / Förderung der Lesekompetenz

Was heißt Lesekompetenz?

Das Konzept der Lesekompetenz, an dem sich z.B. PISA orientiert, stammt aus der angelsächsischen literacy-Tradition. Mit reading literacy wird die Fähigkeit bezeichnet, Lesen in unterschiedlichen, für die Lebensbewältigung bedeutsamen Verwendungssituationen einsetzen zu können. Lesekompetenz ist damit mehr als einfach nur lesen können. Sie ist "ein wichtiges Hilfsmittel für das Erreichen persönlicher Ziele, Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten und Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben," so das PISA-Konsortium.

In der PISA-Studie wird unter Lesekompetenz die Fähigkeit verstanden, » geschriebene Texte unterschiedlicher Art in ihren Aussagen, ihren Absichten und ihrer formalen Struktur zu verstehen und in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können, sowie in der Lage zu sein, Texte für verschiedene Zwecke sachgerecht zu nutzen« (Baumert u.a. 2001, S.10). Lesen wird hierbei nicht nur auf schriftliche Texte bezogen, der Textbegriff der Studie umfasst neben den so genannten kontinuierlichen Texten- Erzählung, Darlegung, Beschreibung, Argumentation, Anweisung - auch nicht kontinuierliche Texte - Diagramme / Graphen, Tabellen, schematische Zeichnungen, Karten, Formulare, Anzeigen.

Drei Dimensionen der Lesekompetenz Jugendlicher wurden untersucht:

  • die Ermittlung von Informationen,
  • das Verstehen und Interpretieren der Aussagen von Texten (Beziehungen zwischen Aussagen herstellen, schlussfolgern, Kategorien in einem unbekannten Kontext anwenden und verstehen),
  • die kritische Bewertung von Inhalt und Form von Texten (Bewertung der Merkmale eines Textes, kritische Bewertung unter Zuhilfenahme von bestimmtem Wissen)

Die im Test erzielten Leistungen wurden wiederum fünf Kompetenzstufen zugeordnet. Auf der Kompetenzstufe 1 wird z.B. ein oberflächliches Verständnis einfacher Texte erreicht, die mit Hilfe von Alltagswissen zu verstehen sind. Hier sind etwa Informationen zu ermitteln, die direkt dem Text zu entnehmen sind, z.B. vier Kriterien eines guten Turnschuhs, die im Text direkt genannt werden. Auf der Kompetenzstufe 4 können Schüler/innen ein genaues Verständnis komplexer Texte entwickeln, die Mehrdeutigkeiten, Sprachnuancen oder den eigenen Erwartungen widersprechende Elemente enthalten. Sie können aus Informationen, die in verschiedenen Textteilen versteckt sind, logisch begründete Schlussfolgerungen ziehen. Dazu gehört z.B. die Bewertung zweier Briefe über das Thema Graffiti unter Bezugnahme auf die Art und Weise, wie einer oder beide Briefe geschrieben sind.

Der Anteil von Schüler/innen, die lediglich die Kompetenzstufe I erreichen, liegt in Deutschland bei 13 Prozent; fast zehn Prozent erreichen nicht einmal diese Stufe. Damit kann etwa ein Viertel der Jugendlichen nur auf einem elementaren Niveau lesen (OECD-Durchschnitt: 18 Prozent). Im Hinblick auf selbstständiges Lesen und Weiterlernen sind diese Schüler/innen - von denen fast die Hälfte in Deutschland geboren ist, in Deutschland geborene Eltern hat und zu Hause deutsch spricht - als potenzielle Risikogruppe zu betrachten. Im oberen Leistungsbereich werden in Deutschland durchschnittliche Ergebnisse erzielt. Die höchste Kompetenzstufe wird von neun Prozent der Schüler/innen erreicht.

Die Testergebnisse der PISA-Studie ergaben, dass die individuelle Lesekompetenz eines Menschen insbesondere von seiner kognitiven Grundfähigkeit, seiner Dekodierfähigkeit, seinem Lernstrategiewissen und seinem persönlichen Leseinteresse abhängig ist. Schülerinnen und Schüler mit ausgezeichneter Lesekompetenz verfügen demnach über ein hohes Maß an kognitiver Grundfähigkeit, sind in der Lage die korrekte Bedeutung von Sätzen rasch zu erfassen (=Dekodierfähigkeit), haben ein breites Wissen in Bezug auf Effektivität und Anwendbarkeit von Lernstrategien und zeigen Interesse und Freude am Lesen.

 

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