Sprache
"Ein Wort, das ein Kind nicht kennt, ist ein Gedanke, den es nicht denken kann." (Wolfgang Maier, 1999)
Gut entwickelte sprachliche Fähigkeiten sind einerseits eine wichtige Voraussetzung für erfolgreichen Schriftspracherwerb. Andererseits wird Sprache aber auch im Umgang mit Schriftsprache weiterenwickelt und gefördert.
Zusammen mit der phonologischen Bewusstheit ist die richtige Artikulation von Wörtern eine wichtige Voraussetzung für die lautorientierte Verschriftung und das phonologische Rekodieren. Neben den Kompetenzen auf der Lautebene benötigen Kinder einen altersgemäßen Wortschatz und ein angemessenes Wort-, Satz- und Textverständnis, um Texten relevante Informationen zu entnehmen, mit Texten angemessen Informationen weiterzugeben und um Freude am Lesen und Schreiben von Texten zu entwickeln.
Im Fokus der Forschung sind derzeit die sog. metasprachlichen Fähigkeiten, also das Sprachbewusstsein. Es soll festgestellt werden, welche Einflüsse die einzelnen metasprachlichen Komponenten auf den Schriftspracherwerb haben, wie man Schwierigkeiten feststellen kann und welche Förderung direkt im Unterricht möglich ist.
Die metasprachlichen Fähigkeiten setzen sich zusammen aus der bereits besprochenen
-phonologischen Bewusstheit
-der Wortbewusstheit
-der semantischen Bewusstheit
-der morphologisch-syntaktischen Bewusstheit
-der pragmatisch-kommunikativen Bewusstheit
Die Wortbewusstheit meint die Fähigkeit, Wörter als Segmente der gesprochenen Sprache wahrzunehmen. Kinder im Vorschulalter haben bereits ein implizites Wissen über Wortgrenzen, wenden dies aber meist nur auf Wörter an, die konkrete Dinge meinen. Auf andere Wortformen oder Funktionswörter kann das Wissen oft noch nicht übertragen werden. Im Anfangsunterricht kann man daher noch nicht davon ausgehen, dass Kinder beim Schreiben Wortgrenzen einhalten können. Das explizite Wissen darum bildet sich erst allmählich und vor allem durch den regelmäßigen Umgang mit der Schriftsprache heraus.
Über die semantische Bewusstheit wird die Bedeutung von Sprache, von Wörter, Sätzen und Texten erfahren. Dazu ist ein inneres Lexikon nötig, also ein Wortschatz, der kontinuierlich auf- und ausgebaut wird und sehr schnell abrufbar sein muss. Diese Fähigkeit ist im Unterricht notwendig, um aus Erzählungen oder Texten den Sinn entnehmen zu können. Ganz besonders beim Lesen ist das schnelle Abrufen aus dem mentalen Lexikon notwendig.
Die morphologisch-syntaktische Bewusstheit erfasst die Grammatik der Sprache. Beim mündlichen Sprachhandeln im Unterricht kann festgestellt werden, ob Kinder in der Lage sind, korrekte Sätze zu bilden, ob sie Bedeutungsunterschiede, die durch grammatikalische Veränderungen hervorgerufen werden, sprachlich wahrnehmen können oder ob sie Satzbildungsfehler erkennen. Die morphologisch-syntaktischen Fähigkeiten sind ganz besonders für die Sinnentnahme beim Lesen aber auch beim Schreiben von Texten notwendig, um angemessen Information entnehmen und für andere verständlich weitergeben zu können.
Die pragmatisch-kommunikative Bewusstheit bezieht sich auf Fähigkeiten, die den Sprachgebrauch - auch im Kommunikationszusammenhang - betreffen. Sie hilft, die Struktur eines gesamten Textes zu erfassen, auf die Verständlichkeit einer Information oder eines Textes zu achten und sich in seinen Texten und Äußerungen auf einen Gegenüber zu beziehen. Dabei muss - über den Text oder die Information hinaus - auch eine Verknüpfung mit Vorwissen und Erfahrungen erfolgen. Das Weltwissen ermöglicht letztlich Texte zu verstehen.
© 2005/6 AfL Ffm, Diagnostik online, Jutta Pillong