Hessischer Bildungsserver / Schriftspracherwerb

Förderung der Sprache

 

Vorlesen

Erzählen

Im Kreis als ritualisierte Unterrichtsform lernen die Kinder zu erzählen und sich gegenseitig zuzuhören. Nach vereinbarten Regeln sprechen die Kinder miteinander. Eine strukturierende Hilfe kann der Erzählstein sein, der von Hand zu Hand wandert. Das Kind, das ihn hat darf sprechen, alle anderen - auch die Lehrerin - hören zu und können Fragen stellen, wenn sie sich melden. Nach und nach werden weitere Gesprächsregeln entwickelt, die die mündliche Kommunikation und das soziale Miteinander fördern. So sollen die Kinder lernen, sich in ihren Äußerungen auf wichtige oder interessante Dinge zu beschränken, sich kurz zu fassen, deutlich und verständlich zu sprechen, zuzuhören und gezielte Fragen zu stellen.

Versprachlichung von Unterrichtsinhalten

Möglichst viel von dem, was im Unterricht erarbeitet wird, soll auch versprachlicht werden. Barbara von Ende (o. Jahr, S. 10) benennt folgende methodisch-didaktische Überlegungen:

    • Die Inhalte des Unterrichts werden regelmäßig und neue sprachliche Erkenntnisse werden oft wiederholt. 
    • Die Kinder werden angeregt, ihr Tun zu kommentieren, ihre Gedanken zu äußern.
    • Die Kinder werden angehalten, Akzeptanz und Toleranz zu üben gegenüber Kindern mit sprachlichen Problemen.
    • Die Lehrerin muss die Sprechfrequenz der stillen und zurückhaltenden Kinder erhöhen und ihnen Erfolgserlebnisse verschaffen, indem sie sie oft bei Wiederholungen zum Sprechen aufgefordert, indem sie diese Kinder bei sehr offenen Fragestellungen als erstes aufruft, indem sie mit ihnen gemeinsam mündliche Statements vorbereitet.
    • Kinder, die viel reden - aber wenig zur Sache, müssen behutsam gebremst werden.
    • Zum Miteinandersprechen müssen geeignete Sitzformen gewählt werden. Wenn die Bildung eines Stuhlkreises schwierig ist, kann man in der Klasse eine mobile Sitzecke schaffen (Bauplan Sitzgruppe aus Podiumteilen (Rubrik Besonderheiten) unter » www.schulserver.hessen.de/neu-eichenberg/ernst-reuter)
Sprache der Lehrerin

Eine besondere Bedeutung kommt der Sprache der Lehrerin zu. Barbara von Ende (o. Jahr, S. 9/10) nennt drei wichtige Grundsätze:

    • "Ich spreche in kurzen und einfachen Sätzen. Das erleichtert das Erfassen von Zusammenhängen. Lange Sätze mit vielen Informationen erschweren das Verstehen,
    • Ich artikuliere deutlich und setzte dabei gezielt Mimik und Gestik ein. Dadurch wird der Inhalt besser verstanden.
    • Durch intonatorische und rhythmische Akzentuierung hebe ich Wichtiges hervor und unterstütze das Mitdenken."
Regelmäßiges Vorlesen

Ebenso ist das regelmäßige Vorlesen wichtiger Bestandteil der Spracherziehung im Anfangsunterricht. Im Gespräch ist die Bedeutung des Gesagten meist eng verbunden mit bestimmten Handlungen und Situationen. Kinder können oft erraten, worum es geht. Beim Vorlesen und Erzählen hingegen wird der Sinn ausschließlich sprachlich vermittelt. Kinder lernen so, sich auf eine rein sprachliche Botschaft zu konzentrieren und sie zu entschlüsseln. Dabei wird die Fähigkeit, eine mit Sprache erfundene, andere Welt zu "erschaffen" gefördert. Vorstellungskraft und abstrakte Denkleistungen können entwickelt werden.

Diese Fähigkeiten werden sowohl in der Verarbeitung mündlicher als auch schriftlicher Texte benötigt. Die Anbahnung des Leseverständnisses und der erforderlichen Strategien kann bereits beim Vorlesen beginnen. Man kann die Kinder aufgrund des Titels, der Bilder oder durch eingelegte Vorlesepausen Vermutungen anstellen lassen, worum es in der Geschichte geht, wie sich eine Geschichte weiterentwickelt, was eine bestimmte Person tun wird. Man kann Vorwissen und Vorerfahrungen der Kinder vor dem Beginn des Vorlesens aktivieren und so die Sinnerwartung steigern.

Vorlesen bedeutet, dass die Lehrerin jeden Tag eine kurze Geschichte vorliest oder aber jeden Tag einen Teil aus einer fortlaufenden Geschichte; Vorlesen kann auch in Gedichtform erfolgen; Vorlesen kann vielleicht auch von engagierten Eltern oder Großeltern übernommen werden; Vorlesen sollte in jedem Fall auf Elternabenden als wichtige häusliche Unterstützung des Schriftspracherwerbs an die Eltern weitergegeben werden.

Förderprogramme

Eine direkte Förderung der Sprachentwicklung kann aber auch durch besondere Sprachförderprogramme vorgenommen werden. Es hat sich gezeigt, dass bei einer Reihe von Kindern die situativ orientierte sprachliche Förderung nicht ausreicht. Hier sind derzeit Förderprogramme in der Entstehung, die aus der Spracherwerbsforschung kommen und auf sprachwissenschaftlichen Ansätzen basieren. Sie sind bemüht, die Reihenfolge des natürlichen Spracherwerbs einzuhalten und den Kindern gezielt die entsprechenden sprachlichen Muster anzubieten. Dazu gehört das Programm » Sprachförderung im Kindergarten von Doris Tophinke und das » Kon-Lab-Kindergartenprogramm von Zvi Penner. Beide Programme sind für den Kindergarten entwickelt worden, jedoch auch im Anfangsunterricht einsetzbar.

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